Borken triumphiert in einem Wahnsinns-Spiel
Borken triumphiert in einem Wahnsinns-Spiel
Gegen den Vorjahres-Meister der Nordstaffel holen die Skurios Volleys die ersten Punkte der Saison
Stralsund und Borken trennen rund 600 Kilometer und rund sechs Stunden Autofahrt, doch eint beide Pro-Ligisten die Tatsache, dass die Fans bei den Aufeinandertreffen immer sehr viel für ihr Eintrittsgeld geboten bekommen. Gleich zwei der drei Begegnungen der Vorsaison (eine davon in der Qualifikation für das DVV-Achtelfinale) gingen über fünf Sätze und jedes Mal durften die Westmünsterländerinnen jubeln. Auch am Samstagabend wiederholte sich vieles – der Borkener Sieg inklusive. Mit einem 3:2 (25:19, 23:25, 25:18, 19:25, 19:17) schickte das Team von Trainer Chang Cheng Liu das Team von der Ostsee nach Hause und sicherte sich zugleich die ersten zwei Punkte der Saison.
Unendlich lange 125 Spielminuten lang bebte die Borkener Mergelsberg-Sporthalle am Samstagabend, dann aber fiel alle Spannung von den 483 Fans und natürlich den Spielerinnen. Hinter ihnen lagen dann nicht nur fünf gespielte Sätze, sondern auch jede Menge Emotionen. „Zwischendurch habe ich wirklich gedacht, Stralsund macht es hier zu Ende“, gestand anschließend Teamkapitänin Fabienne Coenders. Drei Matchbälle vergaben die Stralsunderinnen hier, bevor die Kapitänin einen guten Angriff zur 18:17-Führung ummünzte und Stralsunds Franca Barke den Ball ins Aus schlug. „Wirklich Wahnsinn“, fasste die Teamkapitänin dann auch den Sieg kurz zusammen.
Ohne Mittelblockerin Doreen Luther (beruflich verhindert) und die weiterhin verletzte Diagonalangreiferin Żaneta Baran hatte Borken eine schwere Aufgabe vor sich. Zwar hatten die Skurios Volleys kurz vor Spielbeginn bekannt gegeben, dass sie mit Anika Brinkmann (Außenangriff) die beste Spielerin der letzten Jahre zurück ins Team holten, aufgrund ihres Trainingsrückstands aber sollte sie noch nicht zum Einsatz kommen. Sandra Hövels, Chaine Konjer, Carolin Beining, Sara Marie Hansen, Marika Loker, Fabienne Coenders sowie Libera Melanie Gerhardt bildeten die Starting-Six und die machten ihre Sache echt überzeugend. Nachdem Stralsunds Madleen Piest mit einem misslungenen Angriff den ersten Borkener Punkt des Abends holte, wirkte Stralsunds Coach Ali Hobst leicht überrascht über das clevere Spiel der Gastgeberinnen. Beim 6:4 für Borken nahm er eine erste Auszeit, beim 13:9 die nächste. Es nutzte aber wenig und so ging nach 25 Spielminuten der erste Durchgang überraschend deutlich, aber durchaus verdient, an die Skurios Volleys.
Never change a running system dachte sich Chang Cheng Liu wohl zum Beginn des zweiten Satzes und vertraute derselben Startaufstellung wie im ersten Satz. Auch hier legten die Skurios Volleys vor wie die Feuerwehr, wurden beim 11:11 aber erstmals eingefangen. Stralsund war somit im Spiel angekommen und übernahm leicht die Führung. Trotzdem hätte es anders ausgehen können, in der Crunchtime agierten die Wildcats aber cleverer. Der Satz ging nach einem Eigenfehler von Borkens Zuspielerin Chaine Konjer somit an die Gäste.
Durch den Satzverlust schienen die Skurios Volleys verunsichert zu sein und ehe sie ganz im dritten Satz angekommen waren, lagen sie schon mit 2:8 zurück. Als aber der Satz schon fast abgeschrieben war, kam Carolin Beining beim 10:16 ins Spiel. Die 20-Jährige legte eine unglaubliche Aufschlagserie von elf Punkten hin, sodass es nun 21:16 für Borken hieß. Die Wildcats sollten sich von dieser beachtlichen Serie nicht mehr erholen und Borken ging mit 2:1 in Führung. Der erste Punkt der Saison war somit gesichert, zwei weitere hatte Chang Cheng Liu im Blick. Dass es aber nur ein weiterer wurde, lag auch an eigenen Abstimmungsproblemen und einem zunehmend druckvolleren Spiel der Stralsunder Spielerinnen, die sich unbedingt in den Tiebreak retten wollten. Das gelang ihnen mit einem 19:25 aus Borkener Sicht tatsächlich, übrigens zum vierten Mal im nunmehr vierten Ligaspiel.
Das die Skurios Volleys Tiebreak können, hatten sie im WVV-Halbfinale gegen Köln bewiesen. Das wollten sie natürlich gerne wiederholen und legten engagiert los. Beim 6:6 aber glich Stralsund erstmals aus und spielte nach dem Seitenwechsel engagierter. Einen Borkener Zwei-Punke-Vorsprung drehte Stralsund zur eigenen 14:13-Führung. Die kommenden Minuten waren nichts für schwache Nerven. Die Zutaten hierfür waren drei Stralsunder Matchbälle und zwei Borkener, das Ergebnis Nervenkitzel pur. Ein zu weit bemessener Angriff ins Aus von Stralsunds Franca Barke erlöste die Fans der Skurios Volleys schließlich und die Spielerinnen lagen sich auf dem Spielfeld in den Armen, die Fans rasten vor Begeisterung. „Die Meggi ist wieder ausgetickt“, lobte Stralsunds Neu-Trainer Ali Hobst wenig später die Kulisse. Überhaupt wirkte er sehr gefasst und lobte die Leidenschaft beider Teams. „Ich habe heute zwei Mannschaften gesehen, die eine sehr gute Entwicklung vor sich haben“, verteilte er Vorschlusslorbeeren an beide Teams.
Bevor nach den Spiel die Skurios Volleys mit ihren Fans jubeln durften, wurde Stralsunds Swantje Basan mit der Silber-MVP als zweit-wertvollste Spielerin ausgezeichnet. Ihre erste MVP-Medaille im Dress der Skurios Volleys erhielt Carolin Beining, die an diesem Abend wirklich überzeugte.
Nun heißt es erst einmal durchatmen, erst in zwei Wochen geht es auswärts in Flacht weiter. Dann aber wird es für die Skurios Volleys heftig. Erst kommt im DVV-Achtelfinale der amtierende Deutsche Meister Allianz MTV Stuttgart in die Meggi, eine Woche später zum Karnevalsauftakt erst der ETV Hamburg und keine 24 Stunden später der VCO Dresden. Den Skurios Volleys stehen somit aufregende Wochen bevor.
Text. Thomas Hacker
Foto: Tom Schulte